PR-Karriere ab 40: Alte Eisen oder alte Hasen?

(…) Die Hälfte der Kommunikationsexperten über 40 befürchten, schon zum alten Eisen zu gehören, am Ende ihrer Karriere angelangt und nicht mehr vermittelbar zu sein, so die Ergebnisse einer Blitzumfrage aus dem Februar dieses Jahres.

Interessant wäre natürlich ein Referenzpunkt gewesen: Was hatten diese 95 befragten „alten Hasen“ bis dato erreicht, welches Level erklommen?

Denn wir nehmen durchaus auch andere Strömungen wahr. Viele Karrieren nehmen ab 40 erst so richtig Fahrt auf. Und zwar vor allem dann, wenn Kandidaten „Karriere“ als Übernahme von verantwortungsvollen Führungspositionen definieren.

Die guten Nachrichten:
Wer die in der Befragung genannten Eigenschaften wie umfassendes Wissen, Souveränität, Gelassenheit, etabliertes Netzwerk, höhere Management- und Beratungskompetenz, Weitsicht und Flexibilität mitbringt, muss sich eigentlich auch mit Ü40 keine Sorgen machen. Das dürfte dann wohl auf die andere Hälfte der weniger Besorgten zutreffen. Und manche der von den Befragten vermuteten Gründe, warum man mit Ü40 für eine Position nicht berücksichtigt wird, mögen ja zutreffen. Aber sie liegen nicht alle gänzlich außerhalb des eigenen Einflussbereichs.

Die bittere Pille:
Viele glauben, es läge am Geld. Tut es aber nur sehr selten! Wir kennen viele junge PR-Experten Anfang 30, für die Arbeitgeber mehr bezahlen, als mancher Ü40er jemals bekommen wird. Gehaltswunsch und erwarteter Nutzen müssen nur zusammenpassen.

Geringe Ausbeutungsbereitschaft der „Generation Y“
Ein anderes Märchen unbekannten Ursprungs erzählt von der angeblich größeren Anpassungs- und Ausbeutungsbereitschaft von Young Professionals. Jeder, der mit dieser „Generation Y“ zu tun hat weiß, dass diese Eigenschaft dort eher nicht so weit verbreitet ist. Wir erleben sehr viel häufiger den Ü40-Experten, der ohne viel wenn und aber bereit ist, sich für eine neue Aufgabe sehr flexibel an die Gegebenheiten der Position anzupassen.

Die erwähnte Tendenz zu Jugendlichkeit bei Agenturen gibt es sicherlich, allerdings nur bei bestimmten Beratungsfeldern: Ein Corporate oder Finanzkommunikations-Experte darf durchaus auch über 40 sein. Als Social Media-Experte hat er es zwar schwerer, kann aber durchaus mit der Kombination aus traditionellem PR-Wissen und einer realistischen Einschätzung der Möglichkeiten neuer Medien punkten.

Neues Führungsverständnis
Eine gefühlte „Abwertung von Leitungspositionen“ nehmen wir nur bei Personen mit einem klassischen Hierarchieverständnis wahr. Personalführung bedeutet und beinhaltet heute etwas ganz anders als noch vor zehn Jahren. Sich entsprechend umstellen und ein neues Führungsverständnis glaubhaft abbilden zu können, erfordert einmal mehr geistige Beweglichkeit und die Bereitschaft, die eigene Rolle konsequent zu hinterfragen und aktiv zu verändern.

Die ebenso banale wie wichtige Erkenntnis der Umfrage, man müsse sich „weiterbilden“ und „Neues lernen“, ist laut Umfrage den meisten der Befragten bewusst. Bewusstsein ist gut, reicht aber nicht. Erst die konkrete Umsetzung, das aktive Arbeiten am eigenen Rollenverständnis führt genau zu der Beweglichkeit, die auf dem Personalmarkt gefragt ist und die das biologische Alter in den Hintergrund treten lässt.

 Erschienen im PR Journal / 04-2016

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