PR-Agenturen in und nach der Corona-Krise – die Ergebnisse der größten Umfrage (Teil 1)

Es gibt in der PR- und Kommunikationswelt einige Awards, bei denen man sich als PR-Agentur für seine Performance feiern lassen kann. Den „Oscar“ für die quantitative Leistung, gemessen in nackten Zahlen, gibt es immer im April mit dem Pfeffer-Ranking. Alle erwarten mit Spannung, wie die Branche im abgelaufenen Jahr abgeschnitten hat und wen man diesmal mit seiner Agentur überholt hat. Oder von wem man überholt wurde.

Aber dieses Jahr sagen die Ergebnisse des Vorjahres wenig bis gar nichts über die aktuelle Stärke. 2019 und seine Erfolge sind Geschichte. Anfang des Jahres ausgegebene Ziele für 2020 sind durch die Corona-Pandemie in kurzer Zeit hinfällig geworden. Von der Kommunikationsbranche waren schnelle Reaktionen auf den Shutdown gefragt, die Branche musste bisher undenkbare Maßnahmen in kürzester Zeit einleiten und neue Planungen aufsetzen.

Wir wollten zusammen mit dem PR-Journal von den Agenturen wissen, wie die Corona-Krise sie schon jetzt trifft, wie sie reagiert haben und – ganz wichtig – was sie noch vom Rest des Jahres erwarten. Trotz Corona-Stress haben mehr als die Hälfte der 138 angeschriebenen Agenturen geantwortet, was uns sehr gefreut hat. Die Mühe hat sich gelohnt, die Antworten sind aussagekräftig.

DieErgebnisse unserer Umfrage hat das PR-Journal schon ausführlich dargestellt.

Wir wollen in unserem Blog trotzdem diese Woche noch auf einige besondere Aspekte eingehen. Dafür gibt es hier in diesem Blog drei Beiträge, jeden Tag einen:

  • Teil 1:  tieferes Durchleuchten der Antworten und ihre Interpretation.
  • Teil 2:  Analyse der Freitextantworten zu den aktuell größten operativen Herausforderungen.
  • Teil 3:  Analyse der Freitextantworten zur Einschätzung der Entwicklung für das Gesamtjahr 2020.

Heute starten wir mit Teil 1.

Alle drei Teile beinhalten einige sehr interessante Ansätze der PR-Agenturen, mit denen man sich auseinandersetzen kann, ja vielleicht – unserer Meinung nach – sogar muss. Von (verhaltenem) Optimismus bis zu großen Existenzsorgen ist alles dabei. Einschließlich Ideen der Agenturchefs, wie man dem begegnen kann.

Viel Spaß beim Lesen.

TEIL 1:   Tiefere Analyse der Antworten

Was bringt das restliche Jahr 2020

Beginnen wir bei der letzten Frage. Die Antworten hierauf lassen für die Zukunft der Kommunikationsbranche interessante Schlussfolgerungen zu: Was erwarten die Agenturen für das Gesamtjahr 2020? Die  Ergebnisse sind bemerkenswert, weil die Umfrage gelaufen ist, als der Shutdown schon vier Wochen andauerte und klar war, dass es nur langsame Lockerungen und auf keinen Fall eine schnelle Rückkehr zur Normalität geben wird – noch nicht mal zu einer „neuen“.

„Von 2018 bis 2020 wächst die Branche noch immer um mehr als zwei Prozent. Ein Horror­szenario sieht anders aus.“

Die befragten Agenturen rechnen für 2020 mit einem Rückgang der Honorarumsätze von etwa sechs Prozent. Nur sechs Prozent? Dies ist angesichts der in Deutschland und der Welt zu erwartenden Rezession kein wirklich pessimistisches Szenario. Für eine über fast zwei Dekaden erfolgs­verwöhnte Branche wie die PR trotzdem ein herber Schlag. Aber vielleicht nur im ersten Moment: Denn mit Blick auf den Zweijahreszeitraum 2019 /2020 ergibt sich im Vergleich zu 2018 ein Zuwachs von mehr als zwei Prozent. Das glänzende Ergebnis von 2019, das der Branche ein Plus von nahezu neun Prozent bescherte, führt zu dieser positiven Entwicklung über beide Jahre. Ein Horrorszenario jedenfalls sieht anders aus.

Keine Planung heißt nicht unbedingt planlos

Der Geschäftsverlauf 2020 bis Mitte April zeigt, dass gerade bei kleinen Agenturen (unter zehn Mitarbeiter) Erfolg und Einbruch ausgeprägter sind, als bei den größeren. Sie sehen ihre Chance meist in der Spezialisierung. Je nach Ausrichtung hilft das in einer solchen Krise. Oder man hat eben auf das falsche Thema gesetzt, z.B. auf Live- und Event-Kommunikation.

Die großen Agenturen mit mehr als 50 Mitarbeitern, vor allem geprägt durch die Netzwerke, sind am optimistischen. Sie erwarten für 2020 nur einen Honorarrückgang von erträglichen zwei Prozent. Das nenne ich Optimismus! Vor allem wenn man berücksichtigt, dass sie noch den Rückgang bis Mitte April aufholen müssen. Immerhin ist der bei über der Hälfte der 50-plus-Agenturen zweistellig.

Ein klarer Trend, je kleiner die Agentur, je pessimistischer der Ausblick, ist allerdings nicht erkennbar.

„Inhabergeführte Agenturen haben kein übergeordnetes Headquarter, das Forecasts fordert, auch wenn Prämissen viele Fragezeichen beinhalten.“

Sieben Prozent aller Agenturen geben an, die Lage sei für eine Planung noch zu ungewiss. Bei den großen Agenturen sind es mehr als doppelt so viele (15 Prozent). Es sind aber nicht die Netzwerk-Agenturen, die „planlos“ sind, sondern die inhabergeführten. Vielleicht ist es aber keine Planlosigkeit, sondern einfach nur ein stärkeres Auf-Sicht-Agieren. Sie haben schließlich kein übergeordnetes Headquarter, das Forecasts fordert, auch wenn die Prämissen mehr Fragezeichen als Gewissheiten enthalten. Wie heißt es so schön: Planung ist nur der aussichtlose Versuch, den Zufall durch Irrtum zu ersetzen.

Mehr Optimismus für den Rest des Jahres

„Drei von fünf Agenturen schätzen den Rest des Jahres positiver ein als den Verlauf bisher.“

Doch positive Signale gibt es nicht nur bei den Großen. Nur 13 Prozent der Agenturen erwarten für das restliche Jahr einen (noch) schlechteren Verlauf als bis zum Zeitpunkt der Befragung. Dagegen stehen 59 Prozent, darunter auch kleine Agenturen, die von besseren Perspektiven ausgehen.

Wie man die Zukunft, auch über dieses Jahr hinaus sieht und angehen möchte, werden wir in Teil 3 genau analysieren.

Personalbestand soll so lange wie möglich gehalten werden

Noch etwas ist uns aufgefallen. Unter den Agenturen, die einen zweistelligen Rückgang erwarten, plant jede zweite keinen Stellenabbau. Betrachtet man alle Agenturen, so wollen 87 Prozent ihren Mitarbeiterstamm halten. Bis jetzt jedenfalls. Die Agenturen scheinen sehr besonnen zu agieren. Sie verfallen ganz offensichtlich nicht in einen hektischen Aktivismus und werfen nicht alles über Bord. Vielleicht in der Erwartung einer gewissen Besserung in den nächsten Monaten? 

„Gut funktionierende Teams aufzustellen war in einem Arbeitgebermarkt schwer und teuer. Das zerstört man nicht leichtfertig.“

Aus den Antworten zu den großen operativen Heraus­forderungen, die wir in Teil 2 näher beleuchten, ergibt sich, dass die meisten Agenturen im Gegenteil ihre Mitarbeiter in Zeiten von Homeoffice und Kurzarbeit motiviert bei der Stange halten wollen.

„Wir sind davon überzeugt, dass es auch nach der Corona-Krise nicht leichter wird, genau die Mitarbeiter zu finden, die man braucht.“

Es war schließlich schwer und teuer, in einem Arbeitnehmer­markt gut funktionierende Teams zum Laufen zu bringen – vom Recruiting bis zum Onboarding und der Einbindung in laufende Etats. Das will man so lange wie möglich halten. Das ist gut so, liebe Agentur-Chefs! Denn wir sind überzeugt, es wird nach Ende der Corona-Zeit sehr schnell wieder ein Arbeitnehmermarkt werden, in dem es nicht leichter wird, die Mitarbeiter zu finden, die man sucht.

Kunden spüren nichts von den Maßnahmen

93 Prozent der Mitarbeiter sind im Homeoffice und nahezu 40 Prozent in Kurzarbeit. Doch die meisten Agenturen (54 Prozent) sind überzeugt, das habe aus Sicht ihrer Kunden keine Auswirkungen auf ihre Leistungen. Nur ein verschwindend kleiner Teil von vier Prozent sieht das komplett anders. Um dieses Kunststück hinzubekommen, ist eine immense organisatorische Kraftanstrengung notwendig. Das beschreiben die meisten der Befragten und es leuchtet ein. In Teil 2 gehen wir näher darauf ein.

Fazit

Die PR- und Kommunikationsagenturen sehen sich in der Corona-Krise gut aufgestellt und erwarten in ihrer Mehrheit nicht, dass ihnen völlig der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Allerdings ist diese Erwartung von der Annahme bestimmt, dass die Pandemie bis zum Beginn des Sommers wieder abflacht und spürbare Lockerungen zulässt. Wishful thinking? Wir finden, das ist erlaubt. Man sollte nur ein Worst-Case-Szenario in der Schublade haben.

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